Große Anfrage: Über Energiesparmaßnahmen

Oktober 2022

Beispielbild: Hands off my tags! Michael Gaida / Pixabay Beispielbild: Hands off my tags! Michael Gaida / Pixabay

1. Wie hat das Bezirksamt bisher die Umsetzung des seit 1. September 2022 geltenden Verbot von Leuchtreklamen in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr nach §11 der von der Bundesregierung erlassenen Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSiKuMaV- überwacht und wie soll das zukünftig geschehen?

Rechtsgrundlage für die EnSikuMaV ist das Energiesicherheitsgesetz. Gemäß Nr. 7 Absatz 9 des Zuständigkeitskatalogs des Gesetzes über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung, ist die Senatswirtschaftsverwaltung für „Bewirtschaftungs- und Lenkungsmaßnahmen nach […] dem Energiesicherungsgesetz“ zuständig. Wie auch andere Bezirke vertritt das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf die Ansicht, dass die SenWiEnBe gemäß Nr. 7 Abs. 9 ZustKat AZG i.V.m. Nr. 1 Abs 3 ZustKat AZG (sogenannte Annexkompetenz) für die ggf. zu führenden Verwaltungs- bzw. Bußgeldverfahren zuständig ist. Zudem würde auch eine bezirkliche Zuständigkeit nicht automatisch bedeuten, dass die Ordnungsämter zuständig sind. Vielmehr müsste zunächst innerhalb des Bezirksamtes eine Entscheidung über die Zuordnung der neuen Aufgaben getroffen werden. Auch in anderen Bundesländern ist bislang keine Zuordnung von Aufgaben aus dieser Verordnung auf die kommunale Ebene erfolgt, lediglich dem Internetauftritt der Stadt Köln sind nach einer Recherche seitens der Verwaltung allgemeine Informationen zur EnSiKuMaV zu entnehmen. Seitens der Senatswirtschaftsverwaltung wurde in der Rücksprache mit den Ordnungsämtern die Auffassung vertreten, dass es sich keinesfalls um eine Lenkungsmaßnahme handelt und von einer Zuständigkeit der Bezirke gemäß der „Auffangregelung gemäß Nr. 37 Abs. 2 ZustKatOrd ausgegangen: „Für die Erledigung der in den Nummern 1 bis 36 nicht genannten Ordnungsaufgaben sind zuständig: […] (2) die Bezirksämter, soweit die Aufgaben in Rechtsvorschriften des Reichs, des Bundes oder Landes der unteren Verwaltungsbehörde, der Kreis- oder Ortspolizeibehörde übertragen sind, und in allen übrigen Fällen.“ Gleichzeitig wurde in der Gesprächsrunde der Ordnungsämter seitens der Senatswirtschaftsverwaltung festgehalten, dass in einem ersten Schritt eine zielgerichtete Information über die Verordnung erfolgen soll, z.B. an den Einzelhandelsverband. Für die Bezirke soll ein „Sprechzettel“ erstellt werden, als Kontaktadresse wird die bezirkliche Wirtschaftsförderung genannt. Zudem wird SenWiEnBe auf SenUMVK mit dem Ziel zugehen, dass auf die Betreiberfirmen von Werbeanlagen auf öffentlichem Straßenland auf die Einhaltung der Vorgaben der Verordnung eingewirkt wird. In einer Sitzung der Bezirksstadträt*innen hat die Senatswirtschaftsverwaltung mitgeteilt, nunmehr auch die Frage der eigenen Zuständigkeit mit einem Rundschreiben zu verdeutlichen. Man kann sicherlich auf die Idee oder Zuordnung im Sinne der Fragestellung kommen, die Ordnungsämter könnten doch mal mit den Kräften des Allgemeinen Ordnungsdienstes kontrollieren, jedoch sieht die Neufassung der Verordnung ein Verbot im Zeitraum von 22.00 bis 06.00 Uhr vor, in denen die Beschäftigten nicht im Dienst sind. Unabhängig von der generellen, noch nicht abschließend feststehenden Zuständigkeitszuordnung kann daher festgehalten werden, dass eine solche Überwachung nicht durch die Ordnungsämter stattfinden kann. Die Auffassung der Ordnungsämter, die hier nach wie vor nicht die Bezirke als Kontrollorgan sehen, sondern die Senatswirtschaftsverwaltung, besteht weiterhin und somit also noch Klärungsbedarf. Das Umwelt- und Naturschutzamt hat – obwohl auch hier von Unzuständigkeit ausgegangen wird – in einzelnen Fällen telefonisch versucht, die Verantwortlichen zur Einhaltung der Regelungen anzuhalten. Der Erfolg war wechselhaft. Die Wirtschaftsförderung hat Information zu Energiesparmaßnahmen über ihre Netzwerke verteilt und weist auf der Homepage auf das HBB-Projekt „Kostenlose EnergieEffizienzchecks für Einzelhändler:innen“ hin. Es konnten sogar schon Unternehmen aktiv ermutigt werden, dieses zu vollziehen. 

2. Wie viele Ordnungswidrigkeitsverfahren sind bisher wegen des Verstoßes gegen die EnSiKuMaV eingeleitet worden?

Es wurden keine Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. In der Verordnung sind keine Owi-Tatbestände oder anders geartete Überwachungsaufgaben geregelt. Die EnSikuMaV basiert als Rechtsverordnung auf § 30 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 sowie mit § 1 Abs. 4 des Energiesicherungsgesetzes in der jeweils gültigen Fassung. In § 15 des benannten Gesetzes sind Ordnungswidrigkeiten geregelt. Die Möglichkeit der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 15 besteht jedoch nur, wenn die besagte Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist (gelb gekennzeichnet). Da die Verordnung jedoch nicht auf den § 15 verweist, gibt es keine Rückgriffmöglichkeit ein Ordnungswidrigkeitenverfahren durchzuführen. „§ 15 Zuwiderhandlungen (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. einer Rechtsverordnung a) nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 oder 4, jeweils auch in Verbindung mit § 1 Absatz 2 oder § 2a Absatz 1, nach § 2 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit § 2 Absatz 3, oder nach § 30 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 oder b) nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit § 2a Absatz 1, oder nach § 2b Absatz 2 oder einer vollziehbaren Anordnung aufgrund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, […]“ Mithin wäre ein Rückgriff auf § 17 ASOG (Allgemeine Befugnisse, Begriff der Straftat von erheblicher Bedeutung) erforderlich. Dies ist jedoch schon aufgrund der Dauer des Verwaltungsverfahrens in der Praxis nicht umsetzbar. Die Durchführung von harten ordnungsrechtlichen Maßnahmen (belastende Verwaltungsakte mit Zwangsmittelandrohung und Festsetzung nach § 17 ASOG) wären hier sowohl wegen des damit verbundenen Aufwandes als auch der erforderlichen Zeitschiene, nicht umsetzbar seien. Sofern bei Anordnung der sofortigen Vollziehung außerdem ein Antrag nach § 80 V VwGO gestellt würde, würde über die Angelegenheit fraglos erst nach Auslaufen der Verordnung entschieden. Bei einem Vorgehen nach § 17 ASOG wäre zunächst eine Zwangsmittelandrohung erforderlich. Erst nach erfolgter Nachkontrolle erfolgt eine Festsetzung des Zwangsgeldes. Mit einer Beitreibung des festgesetzten Zwangsgeldes durch den beauftragten Gerichtsvollzieher sei aber frühestens im Sommer 2023 zu rechnen. Mutmaßlich ist bis zu diesem Zeitpunkt die erforderliche Rechtsgrundlage entfallen. Vor diesem Hintergrund wäre dann auch das Zwangsgeldverfahren beendet. Ein Vorgehen nach § 17 ASOG wird aber auch angesichts des allgemeinen gesellschaftlichen Klimas ohnehin nicht für sinnvoll erachtet. Darüber, wie auch über die zeitliche Problematik, waren sich alle Amtsleiter der Ordnungsämter in der Sitzung vom 16.09.2022 einig. Darüber hinaus haben die Vertreter/innen der Ordnungsämter darauf verwiesen, dass angesichts der noch immer bestehenden Rückstände an Corona-Vorgängen und einer möglicherweise sich wieder verschärfenden Corona-Situation in der Herbst-/Wintersaison keine Kapazitäten für die Bewältigung dieser neuen Aufgabe bestehen und ggf. andere Pflichtaufgaben zurückgestellt werden müssten.

3. Wie setzt das Bezirksamt den 10-Punkte-Plan des Senats für Energieeinsparungen in der Berliner Verwaltung um und welche zusätzlichen eigenen Anstrengungen unternimmt der Bezirk zur Reduzierung des Energieverbrauchs?

a. Begrenzung der Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden Das Bezirksamt setzt die Reduktion der Raumtemperatur in seinen Bürodienstgebäuden auf durchschnittlich 19 Grad Celsius weitreichend um. Dazu wird das hydraulische Heizsystem entsprechend eingeregelt. Davon ausgenommen sind besonders sensible Bereiche wie z.B. Räumlichkeiten für medizinische Untersuchungen und Orte der sozialen Wärme. Zwar sind durch den Denkmalschutz insgesamt die möglichen energetischen Sanierungsmaßnahmen begrenzt, dennoch erhofft sich das Bezirksamt im diesem Winter zusätzliche positive Effekte durch die stattgefundenen umfangreichen Fenstersanierungen. b. Absenkung der Raumtemperatur in Sporthallen und Sportfunktionsgebäuden Im Bereich der Sportanlagen erfolgt eine Temperaturabsenkung auf 17 Grad Celsius. c. hydraulischer Abgleich in sämtlichen Liegenschaften der öffentlichen Hand Sämtliche energieintensiven Liegenschaften verfügen bereits über hydraulisch abgeglichene Heizanlagen. Kleine Anlagen und nur temporär genutzte Einrichtungen wie z.B. Gartenarbeiterunterkünfte, Kioske bzw. Grundstücke unter 200m² Nutzfläche werden zurzeit noch nicht betrachtet. d. Geplante Sanierungen von Heizungsanlagen beschleunigen Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf nimmt hinsichtlich seiner energetischen Maßnahmen, im Berliner Bezirksvergleich einen Spitzenplatz ein. Der Wärmeverbrauch ist von 1995 zu 2020 um ca. 47 % gesunken (von 88.534 MWh auf 46.614 MWH). 78 % der Gebäude werden durch Fernwärme versorgt. Im Bezirk befinden sich 80 von der Verbrauchsmenge relevante Gebäude. Davon können 30 Heizungsanlagen ferngesteuert betrieben werden. Weitere 25 Heizungsanlagen werden zurzeit ertüchtigt. Allerdings werden schon jetzt die Anlagen von einer digitalen Regelung gesteuert. Die Fernsteuerung der Heizungsanlagen ist grundsätzliche Zielsetzung des Bezirksamtes. Durch die Vernetzung und Fernsteuerung von Heizungsanlagen können die Anlagen direkt betrieben werden. Durch reduzierten Personaleinsatz und schnellere Reaktionszeiten könnten ggf. Einsparungen erzielt werden. Eine Beschleunigung der Sanierung von Heizungsanlagen ist neben den finanziellen Voraussetzungen sowie den begrenzten Kapazitäten der Baufirmen am freien Markt schon aufgrund der technischen Möglichkeiten nur begrenzt umsetzbar. Neben den anstehenden Ertüchtigungen sind die Heizungsanlagen des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf nach heutigen technischen Möglichkeiten ausgereizt modernisiert. Die vorgetragenen Werte der Verbrauchseinsparungen vermitteln, dass das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf seit Jahrzehnten seine energetischen Maßnahmen konsequent vorantreibt. e. Abschaltung der Warmwasserbereitung in öffentlichen Gebäuden Bereits jetzt steht in vielen Liegenschaften Warmwasser nur im Bereich der Küchen und 1- Hilfe-Räume zur Verfügung. f. Absenkung der Wassertemperaturen in Schwimmbädern Zuständig sind die Berliner Bäderbetriebe. Nach unseren Informationen wird die Temperatur flächendeckend abgesenkt. g. Umstellung auf stromsparende LED-Leuchten/Beleuchtungsreduktion/Abschalten von Geräten in öffentlichen Gebäuden Das Bezirksamt vollzieht eine sukzessive Umstellung auf LED Beleuchtung, sodass immer mehr Liegenschaften entsprechend versorgt sind. Die weitere Ausrüstung mit LEDBeleuchtung erfolgt zusammenhängend mit der Installation von Präsenzmeldesystemen um maximale Effekte zu erreichen. In diesem Zusammenhang werden auch die energieintensiven Flutlichtanlagen auf den Sportanlagen sukzessive umgerüstet. Weiterhin hat sich das Bezirksamt dafür entschieden, sich der überwiegend privat eingebrachten Gerätschaften der Beschäftigten zu widmen. Über eine Dienstliche Mitteilung wurden die Beschäftigten über die Auswirkungen der EnsikuMaV unterrichtet und über die geplante Vorgehensweise im Umgang mit den privaten Elektrokleingeräten informiert. Grundsätzlich sind alle privat eingebrachten Geräte unzulässig und zu entfernen (Z.B. Heizstrahler, Klimageräte, Tauchsieder, Musikanlagen, Kochplatten). Folgende Geräte werden jedoch bis auf Widerruf geduldet: Kühlschränke, Kaffeemaschinen, Teekocher und Mikrowellengeräte. (vgl. Dienstliche Mitteilung…) h. Abschaltung Außenbeleuchtung repräsentativer Gebäude Zuständig für die überwiegend an der öffentlichen Beleuchtung angeschlossene Anstrahlung von Gebäuden ist SenUMVK. Nach Informationen des Bezirksamts ist die Abschaltung in Charlottenburg-Wilmersdorf weitgehend erfolgt. i. Umrüstung Gaslaternen auf LED-Lampen 0296/6 Zuständig ist die SenUMVK. Im Bezirk sind in den letzten Jahren bereits einige größere Umrüstungsprojekte erfolgt. Dem Bezirksamt ist bekannt, dass an einer weiteren Beschleunigung gearbeitet wird, es ist in die Details aber nicht eingebunden. j. Reduzierung der Beleuchtung in Sportstätten und Grünanlagen Eine Reduktion der Beleuchtung in Sportanlagen im Sinne des Wortlautes z.B. 50 oder 75 % der Beleuchtungsstärke ist nicht zulässig. Entsprechend des Sportbetriebes ist eine entsprechende Beleuchtungsstärke vorgeschrieben. Neben der sukzessiven Umrüstung auf LED Beleuchtung wird z.B. die Trainingsbeleuchtung ohnehin nur bei Bedarf eingeschaltet. Flutlichtanlagen mit LED Beleuchtung haben den Vorteil das die Abklingzeiten (bis zu 30 min) der alten Anlagen entsprechend entfallen und damit zusätzlich deutliche Einspareffekte erzielt werden. Da eine Beleuchtung von Grünanlagen gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, ist ihr Anteil an der Beleuchtung des öffentlichen Raums gering. Von der vorhandenen Beleuchtung besteht ein Teil aus nur weinigen, einzelnen Lichtpunkten. Bzgl. der Prüfung von Sicherheitsaspekten durch die Grünflächenbereiche kommt eine Reduzierung der Beleuchtung in Grünanlagen nur dort in Betracht, wo keine notwendigen Wegestrecken sind. In der Gerhart-HauptmannAnlage sind Solarleuchten installiert. Nach Anwendung dieser Kriterien haben wir uns dafür entschieden, in zwei Grünanlagen eine Ausschaltung vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen. Einmal die an der öffentlichen Beleuchtung hängende Beleuchtung am Theodor-HeussPlatz und die vom Bezirksamt betriebene Beleuchtung in der Grünanlage Kuno-FischerPlatz. Die Polizei hat dem Vorgehen zugestimmt.